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Chuck Ragan
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"Eiswein ist ein Vabanquespiel und extrem riskant"


05.02.2025 - 03:37 Uhr


Am frühen Morgen um vier Uhr hat Winzer Heiko Heymanns seinen Helfern abgesagt. Zwei Stunden später simste der Pfälzer dann: «Planänderung». Kurz zuvor hatte er auf seinem Weingut bei Edenkoben bei minus acht Grad noch einmal einige Riesling-Trauben mit dem Finger gedrückt und gespürt, dass sie fest gefroren waren - anders als noch gegen vier Uhr. 

Etwa 15 Helfer unterstützten ihn dann gegen 7.30 Uhr bei minus acht Grad bei der Eisweinlese. Ein paar Stunden lang mindestens minus sieben Grad ist Voraussetzung für Eiswein.

Das Weingut Hirsch hofft noch auf die nächste Vollmondnacht 

Christian Hirsch vom gleichnamigen Weingut in Leingarten bei Heilbronn sieht noch Chancen. Er hofft, dass es um die nächste Vollmondnacht im Februar (12.) kalt genug für die Eisweinlese seiner dafür hängen gelassenen Spätburgunder-Trauben ist. In klaren Vollmondnächten wenige Stunden vor Sonnenaufgang seien die Temperaturen meist zwei bis drei Grad niedriger. 

In der Vollmondnacht am 14. Januar, als den Heymanns und nach Erkenntnissen des Deutschen Weininstituts (DWI) noch 22 anderen Winzern in Deutschland die Eisweinlese gelang, sei es bei ihm bedeckt und auch deshalb zu warm gewesen, sagt Hirsch. 

Am Tag zuvor konnten bereits drei Betriebe aus verschiedenen Weinanbaugebieten den Jahrgang 2024 mit Eiswein krönen. Auch Hirsch machte in dieser Nacht eine vielversprechende Probepressung mit einigen gefrorenen Trauben. Die hätten herrlichen Eiswein ergeben, sagt er - wenn er dann gelesen hätte. «Das hatte an dem Tag aber niemand auf dem Schirm.»

Minus sieben Grad und 120 Grad Oechsle sind Pflicht

Denn die Wettervorhersage sei nur von minus vier Grad ausgegangen. Tatsächlich sanken die Temperaturen dann aber längere Zeit auf minus acht Grad, wie Hirsch sagt. So ein Unterschied sei ganz selten. Und die Wettervorhersage für den 14. Januar sei identisch mit der für den 13. gewesen. Die Temperaturen fielen dann aber nur auf minus fünf Grad. 

Nur eine Handvoll Winzer in jeder Region geht das Risiko ein 

«Eiswein ist ein Vabanquespiel und extrem riskant», sagt Hirsch. Deshalb gebe es auch in jeder Weinbauregion nur eine Handvoll Winzer, die diese Chance suchten. Zu Desserts und Sorbets sei Eiswein ein «ausgesprochenes Highlight», berichtet der Winzer, der das Weingut in dritter Generation bewirtschaftet und im Durchschnitt jedes zweite Jahr Eiswein lesen kann. «Er ist aber keine Säule eines Unternehmens.» Dafür sei die Ausbeute zu gering. 

Eine Meldepflicht für Rebflächen, die für die Eisweinernte zurückgehalten werden, und eine Kontrolle der dort geernteten Moste gebe es nur in Rheinland-Pfalz, sagt Ernst Büscher vom DWI. In dem Bundesland mit den größten Weinbauflächen hatten für den aktuellen Jahrgang 50 Betriebe Trauben auf 42 Hektar hängen lassen. Nur 17 seien erfolgreich gewesen. 

Eiswein des Jahrgangs 2024 kommt aus 8 der 13 Anbaugebiete 

In den beiden sternenklaren Januar-Nächten hätten insgesamt 25 Winzer in acht Weinbaugebieten Eiswein gelesen. Mit je sieben Weingütern waren die Betriebe an der Mosel und in Rheinhessen am erfolgreichsten. Am Mittelrhein und an der Hessischen Bergstraße schaffte es jeweils nur ein Betrieb, in der Pfalz außer den Heymanns noch ein zweiter Betrieb. In Württemberg gelang es drei Erzeugern, in Baden und Franken je zwei. Dort war bereits an je einem Tag im November und Dezember je einem Erzeuger eine Eisweinlese geglückt. 

In Sachsen und Saale-Unstrut haben die Winzer wegen der Spätfröste im April 2024 gar keine Rebflächen für eine Eisweinlese vorgehalten. Aus den anderen drei Weinbaugebieten Ahr, Nahe und Rheingau sind dem DWI keine Erfolgsmeldungen bekannt. 

Beim Eiswein kommt es auf gesunde Trauben und die Kälte an 

«Ein guter Eiswein braucht möglichst gesunde Trauben als Ausgangsmaterial», sagt Büscher. «Darin liegt auch der Unterschied zu den anderen edelsüßen Weinen wie Beerenauslesen und Trockenbeeren­auslesen, für die eingetrocknete, rosinierte Beeren verwendet werden.»

Die Trauben müssen in gefrorenem Zustand in die Kelter kommen. «Das in den Beeren enthaltene Wasser bleibt so als Eis in der Kelter zurück, während nur der süße Saft, dessen Gefrierpunkt tiefer liegt als der von Wasser, als hoch konzentrierter Most gewonnen wird.»

«Durch die Gefrierkonzentration werden in den Beeren nicht nur der Zucker, sondern auch die Fruchtsäuren und Mineralien aufkonzentriert.» Daher wirke die teils enorme natürliche Restsüße der edlen Tropfen dank der frischen Fruchtsäure dennoch nicht aufdringlich. 

Die gefrorenen Trauben müssen wie Murmeln in den Eimer fallen

2.000 Kilo Riesling-Trauben hatte Heymanns für das Risiko Eiswein hängen lassen, 100 Liter konnte er ernten, etwa 60 Liter seien zur Vergärung übrig. «Bei so einer Aktion hilft jeder mit, von Alt bis Jung und alle sind aufgeregt und freuen sich, wenn die Trauben wie Murmeln in die Eimer fallen.» 

«Wenn das an dem Tag nichts geworden wäre, hätten wir die Trauben abschreiben können», sagt Heymanns über seinen Riesling. Rund 800 Kilogramm Cabernet-Trauben hat er verloren, sie waren einfach nicht gefroren. 

Riesling ist auch beim Eiswein die vorherrschende Sorte in Deutschland. Dazu kommen diesmal: Müller-Thurgau, Silvaner, Gutedel, Petit Manseng, Spätburgunder Souvignier Gris und Chardonnay. 

 

Die Ausbeute aus den Trauben ist gering 

Ein Kilogramm Riesling Trauben ergebe normalerweise etwa 750 Milliliter Wein, sagt Hirsch. Bei Eiswein sei die Ausbeute um das fünf- bis sechsfache kleiner. Dazu komme das hohe Verlustrisiko und viel Arbeit. Die gängige 0,375-Liter-Flasche koste daher um die 40 Euro. 

Die Preisspanne ist groß 

Aus Heymanns Eisweinlese sollen im ersten Halbjahr 2025 etwa 120 Flaschen werden. Der Preis werde wegen des hohen Arbeitsaufwands mit viel Handarbeit und der Kosten voraussichtlich aber mehr als doppelt so hoch liegen wie bei seinem letzten Eiswein des Jahrgangs 2016. Von dem verkauft Heymanns gerade die allerletzten Flaschen - für 24,90 Euro.

Die Preise für Eiswein schwanken stark, sagt Büscher. Je nach Reputation des Betriebs und der Qualität der Tropfen reiche die Spanne von 20 Euro bis zu dreistelligen Beträgen.

Die Weinkontrolle prüft, ob es wirklich Eiswein ist

Heymanns Riesling-Weinberg liege an einem Talausgang direkt am Pfälzer Wald und die Kaltluft vom Berg habe sich dort am frühen Morgen offenbar gestaut und für ein, zwei Grad niedriger Temperaturen gesorgt als in der Umgebung, sagt Heymanns. Dass der Eiswein trotz aller Bedenken bis kurz vor der Lese gelungen ist, zeige die Prüfung der Weinkontrolle. Diese habe am Tag zuvor um die 70 Grad Oechsle in den durch eine Spezialfolie vom Regen geschützten Trauben gemessen, im Most seien es dann 128 Grad gewesen. 

Die Chance auf Eiswein sinkt mit der Klimaerwärmung

Den erfolgreichen Weinberg will Heymanns auch nächstes Jahr wieder für Eiswein vorbereiten. Die Klimaerwärmung mache es aber von Jahr zu Jahr schwerer. Der Riesling sei vor 15 Jahren noch Ende Oktober reif gewesen, inzwischen aber bereits im September. «Ich habe große Zweifel, dass meine Kinder später noch Eiswein ernten können.»

© dpa-infocom, dpa:250205-930-365580/1

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